Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis – Fortbildung · Hausarztpraxis am Romanplatz München

Grundlagen der Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis

Warum Cannabis in der Schmerztherapie wirken kann – fokussiert auf analgetische Mechanismen, Rezeptoren und sichere Anwendung. Diese hausärztliche Fortbildung vermittelt klinisch relevante Grundlagen zur Cannabinoid-Therapie im Praxisalltag.

Hinweis: Wenn Sie sich allgemein über Cannabis auf Rezept, Wirkweise oder Kosten informieren möchten, finden Sie hier unseren ausführlichen Patientenartikel: Medizinisches Cannabis München – Cannabis auf Rezept beim Hausarzt.

  • Bausteine & Rezeptoren: CB1 (ZNS: nozizeptive Modulation, Muskeltonus), CB2 (Immun: antiinflammatorisch), endogene Liganden (Anandamid/2-AG), Enzyme (FAAH/MAGL), Phytocannabinoide (THC/CBD) + Terpene.
  • Merksatz: Analgesie ≠ Sedierung – Ziel ist Funktionsgewinn, nicht Benommenheit.

ECS & klinische Relevanz

CB1 – Nerven & Schmerzmodulation

  • Orte: präfrontaler Cortex, Hippocampus, Thalamus & Rückenmark, Basalganglien/Kleinhirn
  • Zellulär: präsynaptisch (GABA/Glutamat); Gi/o → AC↓ → Ca²⁺↓ / K⁺↑ → Transmitter↓
  • Effekt: Schmerzsignal↓, Muskeltonus↓, Kognition bei korrekter Dosis stabil

CB1 sitzt am „Auslasshahn“ der Nervenzelle – und dreht ihn bei Bedarf zu.

CB2 – Immunzellen & Entzündungshemmung

  • Zellen: Makrophagen, Mikroglia, T/B-Zellen, DCs, Mastzellen
  • Signal: Gi/o → cAMP↓ → NF-κB↓ → TNF-α/IL-1β/IL-6↓
  • Effekt: Entzündung↓, oxidativer Stress↓, Gewebsregeneration↑

CB2 als „Feuerlöscher“ des Immunsystems: dämpft Überreaktion ohne Abwehrverlust.

THC, CBD & Endocannabinoide

Anandamid & FAAH im Kontext der Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis

Anandamid („Glücksmolekül“) bindet an CB1/CB2 und moduliert Schmerz, Stimmung und Gedächtnis. Es wird durch das Enzym FAAH rasch abgebaut. CBD kann diesen Abbau hemmen und verlängert dadurch die Wirkung – zentral für eine stabile, evidenzbasierte Schmerztherapie.

FAAH-Abbauweg von Anandamid – Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis
FAAH-Abbauweg von Anandamid – zentrales Element des Endocannabinoid-Systems in der Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis.

THC-CBD-Verhältnis & Dosierung – wie viel THC brauche ich?

Ausgeglichen, CBD-lastig oder THC-lastig?

Das Verhältnis von THC (Tetrahydrocannabinol) zu CBD (Cannabidiol) steuert Wirkung und Verträglichkeit. Für die Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis gilt: Je ausgeglichener die Ratio, desto kontrollierter die Wirkung. THC aktiviert CB1 (analgetisch, muskelrelaxierend, spasmolytisch), CBD moduliert und puffert psychoaktive Nebenwirkungen.

THC-CBD-Verhältnisse im Überblick

  • Ausgeglichen (1:1 – z. B. 10/10 mg/ml): Gute Balance zwischen Schmerzlinderung und Verträglichkeit. Ideal für chronische Schmerzen (inkl. neuropathischer Komponenten) und Fibromyalgie.
  • CBD-dominant (z. B. 5/10 oder 10/25 mg/ml): Weniger psychoaktiv, anxiolytisch und stabilisierend – geeignet bei Tagesmüdigkeit, Angst/Stress, Bedarf nach klarer Kognition.
  • THC-dominant (z. B. 20/1, 25/1): Stärker analgetisch/muskelrelaxierend – höhere Nebenwirkungsrate; v. a. abends, bei Spastik oder tumorassoziierten Schmerzen.

Mehr THC ≠ automatisch mehr Wirkung

Blüten > 30 % THC erhöhen die Psychoaktivität, liefern aber nicht zwingend mehr Analgesie. Der klinische Effekt hängt stark vom Terpenprofil (β-Caryophyllen, Myrcen, Limonen, Linalool) und der individuellen Verträglichkeit ab; Nebenwirkungen treten häufiger auf.

Sonderfall: Hoch-THC-Extrakte (bis ca. 50:1)

Im Öl-/Extraktbereich sind sehr THC-dominante Verhältnisse (bis ~50:1) möglich. Für Patient:innen mit Opiatvortherapie (z. B. Morphin) und unklarem Terpen-Fit teils der einzig gangbare Weg – jedoch oft kostspielig (häufig > 300 € für ca. 10 ml). Start-low · Go-slow, engmaschige Kontrollen und klare Ziele sind Pflicht.

Praxis-Takeaways

  • Wirkfenster über Ratio und Terpene finden – nicht nur über THC-Prozent.
  • CBD stabilisiert die Tagesform, reduziert Angst und puffert Nebenwirkungen.
  • Hoch-THC nur mit klarer Indikation, bevorzugt abends und streng titriert.
  • Kosten & Verfügbarkeit von Extrakten transparent besprechen.
Gleichgewicht THC-CBD – Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis (Analgesie, Stabilität, Verträglichkeit)
Gleichgewicht THC/CBD: Ratio definiert Tagesverträglichkeit und Zielwirkung – vollständige Infografik ohne Zuschnitt.

CB1-Rezeptor – Wirkung im Nervensystem

CB1 und Analgesie: neuronale Grundlage der Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis

CB1 ist präsynaptisch lokalisiert und Gi/o-gekoppelt. Durch Hemmung der Neurotransmitterfreisetzung (GABA, Glutamat) wird Schmerzleitung im ZNS reduziert. Analgesie ohne Sedierung – das Ziel der hausärztlichen Cannabinoid-Therapie.

Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis – CB1-Rezeptor Darstellung
CB1: präsynaptisch · Gi/o-gekoppelt · Transmitterfreisetzung ↓.

CB2-Rezeptor – Immunmodulation in der Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis

CB2 sitzt auf Immunzellen (Makrophagen, Mikroglia). Die Aktivierung dämpft via NF-κB proinflammatorische Zytokine (TNF-α, IL-1β, IL-6). Ergebnis: weniger Entzündung, geringere Gewebsreizung – ohne psychoaktive Effekte.

Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis – CB2-Rezeptor Darstellung
CB2: Immunzellen · Gi/o → NF-κB↓ · Zytokine ↓.

Indica vs. Sativa – was bedeutet das für die Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis?

Ursprung der Begriffe

„Indica“ und „Sativa“ stammen aus der Botanik: Cannabis sativa (Linné, 1753) beschreibt hochwüchsige, schmalblättrige, spätreifende Pflanzen (tropisch/subtropisch), Cannabis indica (Lamarck, 1785) eher niedrigwüchsige, breitblättrige, frühblühende Typen (Hindukusch). Das sind botanische Merkmale – keine verlässlichen Wirkungsangaben.

Mythos „Sativa wach, Indica müde“

Diese Faustregel wurde populär, trifft aber klinisch nicht zuverlässig zu. Die Wirkung hängt vom Chemotyp (THC/CBD-Verhältnis), dem Terpenprofil (z. B. Myrcen, Linalool, Limonen, Pinen) und der Dosis/Zeit ab.

Moderne Einordnung: Chemotyp & Terpenprofil

  • Typ I: THC-dominant – analgetisch/muskelrelaxierend (Abend, Spastik, Tumorschmerz)
  • Typ II: 1:1 – balanciert (chronischer Schmerz, Stimmung, Spastik)
  • Typ III: CBD-dominant – anxiolytisch/stabilisierend (Tag, Angst/Stress)

Fazit: Für die Praxis zählt Chemotyp + Terpene + individuelle Reaktion – nicht das Indica/Sativa-Label.

Indica vs. Sativa – Einordnung für die Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis (vollständige Infografik)
Indica/Sativa ist botanisch – die Wirkung bestimmen Chemotyp & Terpenprofil. (Infografik vollständig sichtbar, ohne Zuschnitt.)

Terpene – natürliche Co-Modulatoren der Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis

Terpene verstärken/modulieren Cannabinoid-Effekte: Stimmung, Entzündung, Muskelspannung, Vigilanz. Klinisch relevant: β-Caryophyllen (CB2-Agonist), Linalool (anxiolytisch), Myrcen (sedierend/muskellösend), Limonen (stimmungsaufhellend).

Terpene – botanische Illustration – Schmerztherapie mit medizinischem Cannabis
Terpene: aromatische Profile aus Zitrus, Kiefer, Lavendel u. a.

Dosierung & Titration

Grundprinzipien

  • Start-low, go-slow: sehr kleine Anfangsdosis → alle 3 Tage leicht steigern
  • ED/TD: Blüte 0,05–0,1 g (ED), TD 0,2–1,0 g/Tag · Extrakt ED 1–2 Trp. abends; TD 6–10 Trp./Tag
  • Extrakt = Basis (präzise), Blüte = Bedarf (schneller Onset)

30-Sekunden-Checkliste

Indikation dokumentiert Kontraindikationen Fahrsicherheit THC/CBD & Terpene Kosten besprochen Kontrolle in 4 Wo.

Bestrahlt vs. Unbestrahlt

Bestrahlt (Gamma/Elektronen)

  • + sehr hohe mikrobiologische Reinheit; geeignet bei Immunsuppression/Onko/Geriatrie
  • − leichte Verluste flüchtiger Monoterpene (~5–20 %)
  • Wirkstoffe stabil; keine radioaktiven Rückstände

Unbestrahlt (naturbelassen)

  • + volles Terpenprofil/Sensorik; oft günstiger
  • − höhere Anforderungen an Lagerung/Hygiene
  • Für immunstabile Patient:innen mit Terpen-Fokus

Steht Terpenwirkung im Vordergrund → bevorzugt unbestrahlt (sofern keine Kontraindikationen).

Fallbeispiele

Fall 1 – Neuropathischer Schmerz

Extrakt 10/10 (SOMAI): Start 2 Trp. abends → Titration 8 Trp./Tag · Schlafqualität↑, Brennen↓.

Fall 2 – Fibromyalgie

Blüte Amici 22/1: ED 0,1 g abends → 0,4 g/Tag · Myrcen/Linalool entscheidend für Schlaf & Muskelentspannung.

Fall 3 – Angstassoziierter Schmerz/Schlaf

Extrakt 10/10 + CBD: ruhigerer Schlaf, weniger Somatisierung, kein High-Effekt.

Take-Home: THC ≠ Sedierung · Kombinieren statt eskalieren · Terpene gezielt · Langsam titrieren.

Nebenwirkungen & Fahrsicherheit

Häufige Nebenwirkungen

  • Müdigkeit/Schwindel, Mundtrockenheit, Tachykardie/Hypotonie
  • Maßnahmen: Dosis↓, abends, Flüssigkeit, RR-Kontrolle

Psychische Reaktionen

  • Angst/Unruhe → CBD-betont
  • Psychosen/Schwere Depression: strenge Indikation/kontraindiziert
  • DUDIT-C für Monitoring

Interaktionen

  • CYP2C9/3A4/2C19 (z. B. Makrolide, Azole, SSRI)
  • Additiv mit sedierenden Substanzen (BZD, Opiate, Alkohol)

Therapieerfolg & Verlaufskontrolle

Quantitative Scores

  • VAS (0–10), PSQI, PHQ-9/GAD-7, EQ-5D/SF-12
  • Initial · 4 Wo. · 12 Wo. dokumentieren

Kontrollen & Abbruch

  • Erstkontrolle 4 Wo.; Folge alle 3 Monate
  • Labor: Leber, Kreatinin, ggf. Blutbild
  • Abbruch: keine Verbesserung nach 12 Wo. oder psychische NW
Doku-Checkliste: VAS/PSQI · Evaluation 4 Wo. · NW notiert · Fahrfähigkeit geprüft · Berichtbar an Kasse/MD.

Fazit & Learnings

5 Key-Takeaways

  • ECS verstehen (CB1/CB2) → Analgesie, Schlaf, Anti-Inflammation
  • Start-low · Go-slow
  • Extrakt = Basis · Blüte = Bedarf (Tag/Nacht-Split)
  • Terpene passend zur Symptomatik
  • Dokumentation & Fahrsicherheit konsequent

Red Flags

  • Psychose (Eigen/Familie), schwere Depression/Suizidalität
  • Persistente kognitive Einschränkung
  • Keine Wirkung nach 12 Wo. trotz Titration

Handout · Überblick & Quellen

Kurzüberblick

  • Einführung & Lernziele
  • ECS – Mechanismen & Analgesie
  • THC-CBD-Verhältnis & Dosierung
  • Terpene
  • Dosierung & Titration
  • Fallbeispiele
  • Sicherheit & Verlauf
  • Fazit & Algorithmus

Quellen (Auswahl)

Termin

Wir freuen uns auf Sie.
Vereinbaren Sie Ihren persönlichen Termin: online oder per Telefon.

Telefon

089 / 17 07 65

Fax

089 / 17 09 44 86

E-Mail

info@hausarztpraxis-am-romanplatz.de

Menü

Suche

Sprechzeiten

Wir freuen uns auf Sie und helfen Ihnen gerne weiter.

Vereinbaren Sie noch heute Ihren Termin

Montag

8:00 – 12:00

15:00 – 18:00
Dienstag

8:00 – 12:00

15:00 – 18:00
Mittwoch

8:00 – 12:00

geschlossen
Donnerstag

8:00 – 12:00

15:00 – 18:00
Freitag

8:00 – 12:00

geschlossen

Anfahrt

Adresse
Romanplatz 9
80639 München
Öffentlich
Haltestelle Romanplatz
Straßenbahnlinie 12, 16, 17
Buslinie 51, 151
MVG Fahrplanauskunft

Route planen

Suche